Sonntag, 30. September 2018

Einigung über ein Sondernutzungsrecht ohne Grundbucheintrag bindet den Rechtsnachfolger nicht; §§ 10 Abs. 2 u. 3 WEG; 242, 902, 985 BGB

 

AG Oberhausen, AZ: 34 C 28/17, 02.05.2018


Streitigkeiten aus dem Sondernutzungsrecht - nicht Sondereigentum(!) - sind WEG-Angelegenheiten gem. § 43 Nr. 1 WEG. Wurde eine zwischen den Voreigentümern getroffene notarielle Vereinbarung über den Tausch von sondernutzungsberechtigten Garagen nicht im Grundbuch eingetragen, ist der Rechtsnachfolger an dieser Vereinbarung nicht gebunden. Der Herausgabeanspruch unterliegt nicht der Verjährung, § 902 BGB. Auch eine Verwirkung kommt nicht in Betracht, da der Sonderrechtsnachfolger erst mit Eintritt in die Wohnungseigentümergemeinschaft seinen Anspruch begründen kann. Der Anspruch verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben, da anderenfalls die Vorschriften der §§ 10 Abs. 2 und 3 WEG umgangen werden.

Die Entscheidung des Amtsgerichts ist in der Sache richtig und entspricht der ständigen Rechtsprechung (vgl. AG Bottrop 20 C 50/17). Interessanter war allerdings die Frage der Zuständigkeit der WEG-Abteilung im vorliegenden Fall. Diese hatte das Amtsgericht vorliegend mit dem Hinweis, es gehe um ein Sondernutzungsrecht, angenommen. Diese Rechtsauffassung dürfte allerdings falsch sein, da es vorliegend nicht um den Umfang der Ausübung des Sondernutzungsrechts ging, sondern um die Frage, wer an der Garage ein Sondernutzungsrecht besitzt, was jedoch eine sachenrechtliche Streitigkeit darstellt. Diese ist aber keine WEG-Angelegenheit und somit eine Zivilsache(so auch BGH V ZB 220/09 und OLG Saarbrücken 5 W 370/97).

Verwalter muss Abstimmungsergebnis eines Beschlusses im Protokoll nicht festhalten / Wohnungseigentümer muss eine Modernisierung auch im Sondereigentum dulden; §§ 14, 22 WEG

 

 LG Dortmund, AZ: 1 S 116/17, 05.06.2018

Es besteht keine Pflicht des Verwalters, das Abstimmungsergebnis in der Niederschrift festzuhalten. Allerdings ist dann, wenn sich nicht mehr aufklären lässt, wer bei der Beschlussfassung anwesend war und abgestimmt hat und wenn dadurch Zweifel an den festgestellten Mehrheitsverhältnissen bestehen, zu vermuten, dass der Verwalter die Anzahl der relevanten Zustimmungen zu Unrecht festgestellt hat. Der Beschluss über die Anbringung einer Türöffnerautomatik muss nicht konkret angeben, um welches Modell es sich handeln soll. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat auch dann, wenn es sich nicht um eine Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums handelt, die Beschlusskompetenz, im Sondereigentum eines Wohnungseigentümers Umbaumaßnahmen zu beschließen, wenn diese dem Gemeinschaftseigentum dienen. Auch in diesem Zusammenhang durchzuführende modernisierende Instandsetzungsmaßnahmen müssen geduldet werden. Auch wenn bei der beschlossenen Modernisierung die qualifizierte 3/4 Mehrheit nicht erreicht ist, ist dies unschädlich, wenn der betroffene Eigentümer nicht in seinen Rechten über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinaus beeinträchtigt ist.

Unzulässige Klauseln im WEG-Verwaltervertrag/ Zur Unwirksamkeit eines Verwaltervertrages

 

 ( AG Oberhausen, Urt. v. 25.09.2018; Az.: 34 C 14/18).

Ein Verwaltervertrag unterliegt nach allgemeinen Grundsätzen der Vertragskontrolle der §§ 305 ff. BGB. Eine umfassende Delegation an einen Dritten steht im Widerspruch zu § 26 Abs. 1 S. 4 WEG und ist deshalb unzulässig.

Eine (formularmäßige) Einwilligung zur Erteilung von Untervollmacht verstößt gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB bzw. den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung.

Die Befreiung von § 181 BGB in einem vom Verwalter gestellten Verwaltervertrag benachteiligt die Wohnungseigentümer unangemessen i.s. des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 BGB.

Ein Verwaltervertrag darf Regelungsbefugnisse der Wohnungseigentümer nicht auf den Verwalter deligieren.

Das Abweichen des Wirtschaftsjahres der WEG vom Kalenderjahr kann nicht durch Verwaltervertrag erfolgen. Die Wohnungseigentümer können das Wirtschaftsjahr durch Vereinbarung abweichend vom Kalenderjahr festlegen. Eine jahrelange abweichende Übung reicht hierzu jedoch nicht aus.

Preisvereinbarungen unterliegen nicht der Inhaltskontrolle, so dass auch der Verstoß gegen die Preisangabenverordnung nicht zur Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 BGB führt.

Grundsätzlich kann für besondere über den im Rahmen, der dem Verwalter vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse liegenden Leistungsumfang eine Sondervergütung im Verwaltervertrag vereinbart werden, etwa für aufwändige Bauüberwachung und die Geltendmachung von Baumängeln. Die Klausel muss aber insoweit hinreichend bestimmt sein, dass ihr zu entnehmen ist, in welchen Fällen der Verwalter eine Sondervergütung erheben darf. Dies darf nicht allein im Ermessen des Verwalters stehen. Die Vereinbarung einer Sondervergütung für die Vorbereitung und Durchführung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung ist in dieser Form unwirksam, da eine Einschränkung der Zusatzvergütung für den Fall schuldhaften Verwalterhandelns nicht vorhanden ist.

Es widerspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer Sondervergütungen für Verwalterleistungen beschließen, die über die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben des Verwalters hinausgehen. Solche Sondervergütungen müssen sich der Höhe nach in angemessenem Rahmen halten und den voraussichtlichen zusätzlichen besonderen Zeit- und Arbeitsaufwand im Einzelfall berücksichtigen, wobei auch eine pauschale Sondervergütung festgelegt werden kann. Derartige Verwalterklauseln sind im Rahmen der üblichen Vergütungshöhe zulässig.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, NJW 2012, 2648) ist eine Gesamtunwirksamkeit des Verwaltervertrages dann anzunehmen, wenn der unbeanstandet gebliebenen Teil allein sinnvollerweise keinen Bestand haben kann und nicht anzunehmen ist, dass ihn die Wohnungseigentümer so beschlossen hätten. Verbleibt nur ein leerer Vertragstorso zurück, so ist der gesamte Beschluss unwirksam, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung auch einen entsprechenden Beschluss nur über diese Vertragsklauseln gefasst hätten.

Die Entscheidung des AG Oberhausen ist im Ergebnis zutreffend. Allerdings hätte das Gericht sämtliche streitgegenständlichen Regelungen im Verwaltervertrag beanstanden müssen. Dass ein Verstoß gegen die PAngVO kein Verstoß gegen §§ 305 ff BGB und auch kein Verstoß gegen ein Verbotsgesetz gem. § 134 BGB darstellt, ist nachvollziehbar, jedoch führt ein Verstoß gegen eine gesetzliche Norm zwangsläufig zur Ungültigkeit einer darauf gefaßten Beschlussfassung, ohne dass es eines Rückgriffs auf die §§ 305 ff BGB bedarf. Die zitierte Fundstelle in Staudinger/Jakoby, 18.Aufl. § 26 RdNr. 185 erklärt sich gerade nicht zur Beschlussanfechtung. Dass der Verwalter für Mahnungen säumiger Wohnungseigentümer kein Sonderhonorar, insbesondere keine Mahngebühren verlangen darf, ist in der Rechtsprechung bisher anders entschieden worden (vgl. AG Reutlingen 11 C 105/16). Dass der Verwalter sich Sondervergütungen im Verwaltervertrag verklausulieren darf, die nicht zu seinen gesetzlichen Aufgaben gehören, ist zwar richtig, jedoch hatte das AG Oberhausen verkannt, dass Mahnungen an säumige Eigentümer gerade zu den gesetzlichen Aufgaben gehören, ebenso, wie die Überwachung von Instandsetzungsmassnahmen. Ein Sonderhonorar für derartige Tätigkeiten kann aber nicht durch eine Klausel im Verwaltervertrag, sondern nur durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer im Einzelfall vereinbart werden, wenn zugleich die Voraussetzungen für die Mehrvergütung dargelegt wurden (so LG Dortmund 1 S 320/16).

Jahresabrechnung angefochten - Wann muss der Verwalter die korrigierte Abrechnung vorlegen ?

 

(LG Dortmund, Beschl. v. 06.07.2018; Az.: 1 T 51/18)

Wird eine beschlossene Jahresabrechnung angefochten, ist der Verwalter grds. verpflichtet, die zu korrigierende Abrechnung innerhalb von zwei Monaten zu erstellen und auf einer Eigentümerversammlung zur erneuten Beschlussfassung vorzulegen, sofern nicht besondere Umstände eine längere Frist für geboten erscheinen lassen . Insbesondere bei kleinere Eigentümergemeinschaften genügt eine zweimonatige Frist zur Neuerstellung der Abrechnung, wenn alle Unterlagen vorhanden sind und der Verwalter aus persönlichen Gründen (z.B. Krankheit, Urlaub) nicht verhindert ist. Sind nur einzelne Abrechnungspositionen fehlerhaft, kann sogar auch eine kürzere Frist in Betracht kommen.

Samstag, 9. September 2017

Verwalter darf Jahresabrechnung nicht bis zur gerichtlichen Klärung seiner Bestellung zurückstellen/ Gericht darf Streitwert auch zuungunsten des Beschwerdeführers einer Streitwertbeschwerde abändern; §§ 21, 27 WEG; 63 GKG

 

Ein WEG-Verwalter ist verpflichtet, die vom Vorverwalter erstellte Abrechnung auf einer Eigentümerversammlung beschließen zu lassen.

Die Anfechtung einer Verwalterbestellung rechtfertigt es nicht, eine Beschlussfassung über eine Jahresabrechnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung zurückzustellen.

Wird eine Streitwertbeschwerde mit dem Ziel der Herabsetzung des Streitwertes erhoben, ist das Beschwerdegericht auch berechtigt, den erstinstanzlich festgesetzten Streitwert höher festzusetzen als das Amtsgericht.

Denn eine Änderung des fehlerhaft festgesetzten Streitwertes erfolgt von Amts wegen, da § 63 Abs 3 GKG nur die Zuständigkeit regelt und dem Beschwerdegericht insoweit kein Ermessen zusteht.

Hat das Amtsgericht über die Streitwertbeschwerde nicht entschieden, kann das Beschwerdegericht auch ohne Zurückverweisung bei Entscheidungsreife selber entscheiden.

GmbH muss vor Bestellung zum WEG-Verwalter ihre Bonität nachweisen

Wurde die Verwalterbestellung vor Umwandlung in eine GmbH schon erfolgreich angefochten, so wirkt sich diese Anfechtung auf die deklaratorische Bestellung aus.

Eine Verwalterneubestellung entspricht dann nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft vorab keine Bonitätsprüfung vorgenommen hat. Diese ist aber zwingend erforderlich, wenn berechtigte Gründe Zweifel an der Bonität des Verwalters begründen (LG Dortmund; Urt.v. 28.03.2017  Az.: 1 S 177/16). 

Der Umstand, dass die neu gewählte Verwaltung eine GmbH ist, entbindet nicht zur Pflicht der Bonitätsprüfung, da die Stammeinlage von mindestens 25.000,00 EUR auch durch nicht werthaltige Sacheinlagen erbracht werden kann.

Ein Beschluss über die Verwaltervergütung ist nichtig, wenn die Höhe des Verwalterhonorars nicht beschlossen wurde.

Ein deklaratorischer Beschluss soll lediglich den Rechtszustand herbeiführen, der nach der geltenden Rechtslage ohnehin besteht.

Dies ist bei einer Verwalterwahl nach einer Umwandlung von einer UG in eine GmbH der Fall, da keine Umwandlung im Rechtssinne vorliegt.

Gleichwohl wird durch einen derartigen Beschluss der Rechtsschein einer Neubestellung gesetzt, so dass aus Gründen der Rechtssicherheit ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage besteht..

Wohnungseigentümergemeinschaft darf nicht den Restwert von Balkonfliesen beschließen; §§ 21, 24 WEG

Müssen die im Sondereigentum stehenden Balkonfliesen eines Wohnungseigentümers für Instandhaltungszwecke am Gemeinschaftseigentum entfernt werden, ist die Eigentümergemeinschaft verpflichtet, deren Neuwert zu erstatten (AG Bottrop Urt.v. 11.08.2017; Az.: 20 C 18/17).

Ein Abzug neu für alt kommt nicht in Betracht, wenn die Fliesen erst vor neun Jahren erneuert wurden.