Mittwoch, 21. Januar 2015

 Zu den Grenzen der Auferlegung von Pflichten eines Sondernutzungsberechtigten (hier: Gartennutzung) durch Beschluss; §§ 16, 23 Abs. 1 WEG

 

BGH Karlsruhe, Urt.v. 10.10.2014; Az.: V ZR 315/13



Eine Öffnungsklausel in einer Teilungserklärung hat lediglich die Funktion, zukünftige Mehrheitsentscheidungen formell zu legitimieren, ohne sie materiell zu rechtfertigen. Deshalb ist ein Änderungsbeschluss auf der Grundlage einer Öffnungsklausel nicht schon dann rechtmäßig, wenn er die Anforderungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt.

Zum besonderen Schutz der Minderheit sind bestimmte fundamentale inhaltliche Schranken zu beachten. Erst bei der Frage, ob die beschlossene Änderung den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht, ist den Wohnungseigentümern aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter - lediglich durch das Willkürverbot beschränkter - Gestaltungsspielraum eingeräumt.

Zu den in diesem Sinne mehrheitsfesten Rechten gehört das dem Verbandsrecht immanente Belastungsverbot, das jeden Wohnungseigentümer vor der Aufbürdung neuer (originärer) - sich weder aus dem Gesetz noch aus der bisherigen Gemeinschaftsordnung ergebender - Leistungspflichten schützt.

Zwar ist es bei Sondernutzungsrechten üblich, dem Sondernutzungsberechtigten die Pflicht zur Instandhaltung auf eigene Kosten aufzuerlegen, weil ein Auseinanderfallen von Nutzungsrecht und Instandhaltungslast als unbefriedigend empfunden wird. Das ändert aber nichts daran, dass eine hiervon abweichende Regelung bereits in der Teilungserklärung /Gemeinschaftsordnung selbst oder im Wege einer späteren Vereinbarung der Wohnungseigentümer hätte getroffen werden müssen.

Die durch eine Öffnungsklausel legitimierte Mehrheitsmacht wird materiellrechtlich u. a. durch unentziehbare, aber verzichtbare Mitgliedschaftsrechte begrenzt; ein in solche Rechte ohne Zustimmung der nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer eingreifender Beschluss ist schwebend unwirksam.

Zu den unentziehbaren, aber verzichtbaren Mitgliedschaftsrechten gehört das sog. Belastungsverbot, das jeden Wohnungseigentümer vor der Aufbürdung neuer (originärer) - sich weder aus dem Gesetz noch aus der bisherigen Gemeinschaftsordnung ergebender - Leistungspflichten schützt.

Mit dieser Entscheidung hatte der Kläger einen Pyrrhussieg errungen. Zwar durften die Miteigentümer den Kläger durch Beschluss nicht verpflichten, seinen sondernutzungsberechtigten Gartenteil selber zu pflegen. Die hindert die Eigentümer künftig aber nicht daran, dem sondernutzungsberechtigten Eigentümer die Kosten der Gartenpflege gem. § 16 Abs. 3 WEG allein aufzuerlegen.

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