Donnerstag, 5. Juni 2014

Einseitige empfangsbedürftige Willenerklärungen (hier: Kündigung) durch WEG-Verwalter ohne Vorlage einer Vollmachturkunde können nach § 174 BGB zurückgewiesen werden; §§ 174 Satz 1 BGB; 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG



§ 174 Satz 1 BGB ist auf einseitige Willenserklärungen des Verwalters im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf der Grundlage einer Vereinbarung oder eines Beschlusses der Wohnungseigentümer nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG anwendbar.

Beruht die Vertretungsmacht nicht auf der Erteilung einer Vollmacht durch den Vertretenen, sondern auf gesetzlicher Grundlage, scheidet eine Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB regelmäßig aus. Der Unsicherheit über die in Anspruch genommene organschaftliche Vertretungsmacht wirkt die grundsätzlich vorgeschriebene Eintragung des Vertreters als Organ in ein öffentliches Register entgegen.

Auch wenn beim WEG-Verwalter die organschaftliche beziehungsweise gesetzlichen Vertretungsmacht gegeben ist, ist § 174 Satz 1 BGB gleichwohl anwendbar. Der Gesetzgeber hat mit § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG den Wohnungseigentümern die Kompetenz eingeräumt, dem Verwalter durch Mehrheitsbeschluss eine weitergehende Vertretungsmacht als die bereits gesetzlich vorgesehene zu erteilen.

Für eine Anwendung des § 174 BGB spricht auch, dass der Gesetzgeber in § 27 Abs. 6 WEG bestimmt hat, dass der Verwalter von den Wohnungseigentümern die Ausstellung einer Vollmachts- und Ermächtigungsurkunde verlangen kann, aus der der Umfang der Vertretungsmacht ersichtlich ist.
 
Die Entscheidung des BGH dürfte für Verwalter und Eigentümergemeinschaften zu erheblichen Problemen führen. Da die Vollmachturkunde für den Verwalter grundsätzlich nur einmal erteilt wird, wird er diese bei dem Ausspruch von Kündigungen nicht im Original beifügen. Unklar ist auch, wie die Vollmacht auszusehen hat. Ein Unterschreiben aller Eigentümer ist insbesondere bei größeren Gemeinschaften nicht praktikabel. Eine durch Beschluss einer Eigentümerversammlung erteilte und protokollierte Ermächtigung einzelner Eigentümer oder des Verwaltungsbeirates, dem Verwalter in Vertretung der WEG eine entsprechende Vollmacht auszufüllen, muss ihrerseits den Anforderungen an eine Originalurkunde erfüllen. Da das Protokoll häufig nur vom Verwalter und dem Beirat unterzeichnet wird, stellt sich die Frage, wie ein derartiges "Ermächtigungsprotokoll" im Hinblick auf § 174 BGB künftig zu erstellen sein wird. In der Praxis wird diese Rechtsprechung des BGH für erhebliche gerichtliche Auseinandersetzungen sorgen.

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