Sonntag, 22. November 2015
Jetzt ist die Katze aus dem Sack
Tierschutz versus Eigentumsschutz:
LG Dortmund 1 S 52/13, Urt. v. 20.10.2015
In einem recht emotional geführten Verfahren bestätigte das LG Dortmund nach dreijähriger Verfahrensdauer die Rechtsauffassung des AG Bottrop, wonach das Anfüttern von verwilderten Katzen zwecks medizinischer Versorgung und Kastration in einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht gestattet ist.
Die Katzenliebhaber wiesen auf die Notwendigkeit eines Engagements von freilaufenden Katzen hin, der Verbeugung weiterer Vermehrung und einer Impfung zur Verhinderung der Verbreitung von Krankheiten.
Die Wohnungseigentümer begrüßten diesen Einsatz, aber bitte nicht auf dem eigenen Grundstück.
Denn das Anfüttern lockte nicht nur Katzen, sondern auch Ratten, Mäuse und Rabenvögel an, die ihrerseits gemeinsam mit den Katzen den Singvögeln den Garaus machten und durch offene Terrassentüren und Fenster in die Wohnung gelangen könnten. Auch die Revierkämpfe der Katzen sowie der nächtliche ruhestörende Katzenjammer war den Eigentümern ein Dorn im Auge.
Hinzu kam, dass die womöglich mit Krankheitserregern und Wurmbefall infizierten Katzen Seuchen übertragen könnten.
In diesen Fällen müsse auch das öffentliche Interesse an der Einschränlung der Population wilder Katzen hinter dem Recht am Eigentum zurückstehen.
Sonntag, 30. August 2015
Ehemaliger Mitarbeiter der Hausverwaltung kann nicht zum Verwaltungsbeirat bestellt werden; §§ 21, 29 WEG
Denn das Amt des Verwalters und des Verwaltungsbeirates sind inkompatibel (Jennißen-Hogenschup:, WEG, § 29 Rn. 11 ;Bärmann-Merle, WEG, § 29 Rnr 13 ).
Denn Aufgabe des Verwaltungsbeirates ist es nämlich u.a., die Tätigkeit des Verwalters gemäß § 29 Abs. 3 WEG zu prüfen. Auch wenn der Eigentümer als freiberuflicher Berater kein leitender Angestellter des Verwalters war - was die Nichtigkeit des Beschlusses begründet - liegt die Interessenkollision auf der Hand.
Wenn ein Verwaltungsbetratsmitglied von dem Verwalter dafür bezahlt wird, dass dieses für ihn Verwaltungstätigkeit ausübt, fehlt es an der nötigen Distanz, um eine wirksame Kontrolle durchführen zu können. Denn dann müsste das Verwaitungsbeiratsmitglied das kontrollieren, was es selbst geraten oder ausgeführt hat.
Wohnungseigentümer haften bei Schäden aufgrund unterlassener Instandsetzungsmassnahmen; § 21 WEG
BGH, Urteil vom 17.10.2014; Az.: V ZR 9/14: Erleidet ein einzelner Wohnungseigentümer einen Schaden an seinem Sondereigentum, weil eine Beschlussfassung über die sofortige Vornahme derartiger Instandsetzungsmaßnahmen unterblieben ist, so trifft die Verpflichtung zum Schadensersatz nicht den rechtsfähigen Verband, sondern diejenigen Wohnungseigentümer, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder nicht für die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben.
Entspricht nur die sofortige Vornahme einer zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Sanierungsmaßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung, ist für die Berücksichtigung finanzieller Schwierigkeiten oder des Alters einzelner Wohnungseigentümer kein Raum.
Die auf § 21 Abs. 4 WEG gestützte Klage ist gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten, wenn deren Mitwirkung an einer ordnungsmäßigen Verwaltung verlangt wird; eine Klage gegen den Verband scheidet aus (vgl. nur Timme/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 21 Rn. 139; aA Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 21 Rn. 61, jeweils mwN), und zwar auch dann, wenn nur die Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht und ein Gestaltungsspielraum infolgedessen nicht besteht. Eine etwaige Mitwirkungspflicht der Wohnungseigentümer ist individuell und nicht gemeinschaftlich zu erfüllen; den Pflichten des Verbands ist sie vorgelagert. Weil der Verband eine solche Primärpflicht (Mitwirkung an der Willensbildung) nicht wahrnehmen könnte, sind auch Sekundäransprüche nicht gemeinschaftsbezogen. Dass sich die Eigentümerversammlung vor Erhebung der Klage mit dem streitgegenständlichen Anliegen der Klägerin zu befassen hat, stellt eine unnötige Förmelei dar, wenn nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Antrag in der Eigentümerversammlung die nötige Mehrheit findet.
Eine etwaige Mitwirkungspflicht der Wohnungseigentümer ist individuell und nicht gemeinschaftlich zu erfüllen; den Pflichten des Verbands ist sie vorgelagert. Weil der Verband eine solche Primärpflicht (Mitwirkung an der Willensbildung) nicht wahrnehmen könnte, sind auch Sekundäransprüche nicht gemeinschaftsbezogen.
Damit hat der BGH die Frage geklärt, wer für Folgeschäden am Gemeinschaftseigentum haftet. Dies sind alle Eigentümer, die einer Massnahme nicht zugestimmt oder sich enthalten haben. Die Eigentümer sind künftig gut beraten, dringend notwendige Reparaturen unverzüglich durchführen zu lassen. Anderenfalls haften sie gemäß § 280 BGB persönlich für Folgeschäden.
Mittwoch, 5. August 2015
Wohnungseigentümer darf Bonität des Verwalters bezweifeln; §§ 1004, 823 BGB
LG Dortmund ( AZ: 1 S 67/15, Urt.v. 27.05.2015)
Ein Wohnungseigentümer darf die Bonität eines neu zu wählenden Verwalter in Frage stellen. Es ist weder Anspruch wegen der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch wegen einer Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgebübten Gewerbebetrieb eines WEG-Verwalters als deliktisch geschützten Rechtsgütern gegeben, wenn ein Eigentümer die Bonität eines zur Wahl stehenden Verwalters bezweifelt.
Die Zweifel der Bonität einer haftungsbeschränkten UG als Verwalterin sind auch unter Berücksichtigung der Entscheidung BGH V ZR 190/11 begründet gewesen. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen fehlt es für einen Anspruch auf Widerruf auch an der Rechtswidrigkeit der getätigten Äußerungen, wenn diese in einem gerichtlichen Verfahren und damit zur Wahrnehmung berechtigter Interessen getätigt worden sind, denen die Beklagte innerhalb des laufenden Rechtsstreits zur Wahrung ihrer Interessen hat entgegentreten können (vgl. Palandt, BGB, 74. Auflage, § 823, Rn. 37).
Insoweit ist die Grenze zu einer bewusst unwahren Tatsachenäußerung bzw. zur Schmähkritik, welche auf innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens unzulässig sind (vgl. Palandt, a.a.O.), nicht überschritten worden. Ein Anspruch auf Geltendmachung außergerichtlicher Rechtsanwaltkosten besteht nicht, da die ungerechtfertigte Inanspruchnahme zum allgemeinen Lebensrisiko gehört und eine vertragliche Grundlage mangels Verwalterbestellung ausscheidet.
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Aktuell stellt der BGH (V ZR 76/14) fest, dass eine erstinstanzliche Prozesshandlung (Anerkenntnis) eines Streitgenossen ausnahmsweise noch in der Berufungsinstanz widerrufen werden kann, wenn die übrigen Eigentümer säumig waren und stellt damit erneut klar, dass die Gesetzesreform von 2007 wohl wenig durchdacht war.
Immer wieder neue Ausnahmen und Sonderregeln machen das Prozessrecht im WEG mittlerweile zu einem nicht mehr überschaubaren Risiko für Parteien wie für Anwälte.
Da wundert es schon gar nicht mehr, wenn ein Eigentümer, der erstmalig in der Revisionsinstanz von seinem Gerichtsverfahren erfährt, weil der Verwalter ihn bis dahin nicht unterrichtet hat und von den ihn vertreten Rechtsanwalt nicht vertreten werden will, einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt beauftragen muss, damit dieser die fehlende Bevollmächtigung rügt.